Vor diesem Hintergrund liefert die aktuelle COVID-19 Pandemie einen Blick durch ein Brennglas auf die von CARE analysierte Problematik: Während 70 Prozent des medizinischen Personals, das die weltweite COVID-19- Versorgung und Impfkampagnen verantwortet, weiblich ist, verzichten die nationalen und internationalen Covid-19-Koordinierungsgremien weitgehend auf die Stimme und damit die Erfahrung und Kompetenz der Frauen. Weltweit sind nur 24 Prozent dieser Gremienmitglieder weiblich.
Die Folgen für Frauen sind politisch und persönlich immens: COVID-Maßnahmen sind oft genderblind und vergessen Hilfsmaßnahmen, die speziell auf Frauen und Mädchen ausgerichtet sind. „Dabei sind die Auswirkungen der Pandemie durchaus unterschiedlich für Frauen und Männer. Weltweit sind etwa die Fälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt in die Höhe geschnellt“, erklärt der luxemburgische CARE-Direktor Frédéric Haupert. „Gerade die durch COVID-19 verursachte wirtschaftliche Krise hat für Frauen und Mädchen in vielen Ländern dramatische Auswirkungen. CARE-Mitarbeiterinnen berichten von einer erheblichen Zunahme von Frühverheiratungen, weil Familien nicht mehr wissen, wie sie ihre Töchter ernähren sollen“, so Haupert.
Nur die Hälfte der Geschichte, nur ein Bruchteil der Wirkung
Die Hilfsorganisation CARE analysiert für den Bericht öffentlich zugängliche Informationen über die Unterstützung für humanitäre Hilfe durch die elf größten Geberländer und fünf Organisationen der Vereinten Nationen. Dabei wird untersucht, ob Frauen bei der Teilnahme an Hilfsprojekten und der Übernahme von Führungspositionen unterstützt werden. Es wird hinterfragt, ob die Geber Chancengleichheit und die Stärkung der Frauen fördern. Zudem analysiert der Bericht, ob lokale Organisationen und Institutionen unterstützt werden, die von Frauen geleitet werden.
Vielen Zusagen folgten keine Taten
Trotz der oft beeindruckenden Initiativen der multilateralen und nationalen Geldgeber sowie der UNOrganisationen, zeichnet die CARE-Analyse ein ernüchterndes Bild. Abgesehen von einigen positiven Ausnahmen, bleiben Geberländer und UN-Organisationen weit hinter ihren eigenen Ansprüchen und Zusagen zurück:
Heute ruft CARE Geberländer, UN-Organisationen und internationale Hilfsorganisationen dazu auf, die Verpflichtungen zur Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit zu überarbeiten. Die Unterstützung von Frauenrechtsorganisationen und von Frauen geleiteten Organisationen in humanitären Krisen muss sowohl gestärkt, als auch besser erfasst und nachverfolgt werden. Zu guter Letzt fordert CARE, dass alle Akteure der humanitären Hilfe, dazu beitragen, dass Frauen und Mädchen gleichberechtigt in den Gremien und Leitungspositionen der humanitären Hilfe vertreten sind.
Hier geht es zum Bericht "Time for a Better Bargain: How the Aid System Shortchanges Women and Girls in Crises".
Hintergrundinformationen:
Die CARE-Analyse basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen. Bewertet wurden die zehn wichtigsten staatlichen Geber, die Europäische Union und fünf UN-Organisationen in den Bereichen: Gleichberechtige Teilhabe von Frauen und Förderung ihrer Führungsrolle; Finanzierung von Programmen zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Stärkung von Frauen und Mädchen; sowie Unterstützung von Frauenrechtsorganisationen und von Frauen geführten Organisationen in Krisengebieten. Die Maßstäbe, an denen sich der Bericht orientiert, entsprechen den Verpflichtungen des ersten Weltgipfels für humanitäre Hilfe (2016). Und sie stehen im Einklang mit dem fünften Nachhaltigkeitsziel der UN-Agenda 2030 „Gleichstellung der Geschlechter“ sowie der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ des UN-Sicherheitsrats. Der Weltgipfel für humanitäre Hilfe führte zur Verabschiedung des „Grand Bargain“, der ersten Vereinbarung zwischen den wichtigsten humanitären Gebern und implementierenden humanitären.