Farug ist gerade einmal 20 Jahre jung und unser Fahrer von der Stadt Sukkur nach Dadu. Er verließ die Schule nach vier Jahren und, wie er uns gesteht, ist nicht der große Zeitungs- oder Buchleser. „Mein Vater ist ein Fahrer, mein Großvater war einer. Es ist sozusagen eine Familientradition.“ Das Auto ist gemietet – er ist nur der Fahrer.
Riesige Bananenplantagen ziehen an der stark befahrenen Straße vorbei.
Autos, farbenprächtig dekorierte und bemalte Lastwagen, langsame Esel und stolze Kamele schieben sich bedächtig in die gleiche Richtung vor. Als ich zum letzten Mal ein Kamel sah, befand ich mich im Niger, Westafrika. In Pakistan sind Kamele eine alltägliche Erscheinung. Wenn ich um mich blicke, durch mein Fenster, sehe ich nichts, gar nichts, dass darauf hindeuten könnte, dass dieses Land jemals in seiner Geschichte einen Monsun erlebte. Irgendwie normal, ging es mir durch den Kopf.
Zugegeben – ich habe noch niemals was von Dadu gehört. Wir starten am frühen Morgen, sodass ich ausreichend Zeit habe und Eindrücke sammeln kann. Christina steigt dazu, sie ist Engländerin und unterstützt CARE in Pakistan. Sie gesteht, dass sie, genauso wie ich, keine Ahnung davon hat, was uns erwarten würde. Natürlich hatten wir gehört, dass viel Arbeit ansteht, um den Opfer der Flut ihr „normales“ Leben zurück zu geben. Wir waren also schon im Voraus sehr gespannt auf diesen Besuch.
Unsere Kollegen von CARE und unsere Partner in den verschiedensten Regionen des Landes arbeiten wirklich hart. Angefangen bei der Verteilung der ersten Zelt- und Küchensets über die vielen Ärzteteams, die von Dorf zu Dorf fahren, bis hin zur Ausgabe von Wasserreinigungstabletten – jeder und jede tut hier sein oder ihr Bestes. Nicht wenige meiner Kollegen haben keinen gemütlichen „neun bis fünf Uhr Job“, sie arbeiten rund um die Uhr. Die Aufgabe ist immens.
In der überfüllten Stadt Dadu machen wir kurz halt am Büro unseres lokalen Partners SPO („Strengthening Participatory Organisation“), damit diese uns weiter begleiten können. Zu einem denkwürdigen Ort – man sagt, dass dort die Flut vor 100 Tagen begonnen habe. Als ich unseren Fahrer frage, wo es nun hingeht sagt er: „Auf ein Boot. Wir fahren jetzt nach Tauka Johi.“ Nach einem relativ kurzen Trip werden wir gebeten, aus dem Auto zu steigen.
Was wir sehen erinnert mich an die Augusttage, als ich in Punjab war. Unsere Straße endet abrupt – gestoppt durch das Wasser. Genauso war es damals auch im August bei meinem letzten Besuch hier in Pakistan. Nur dass es jetzt bereits Ende Oktober ist. Wir wollten keine Zeit verlieren und stiegen direkt in das Boot, das uns nach Taluka Johi bringen soll.
Der Ort liegt etwa 20 Kilometer von unserem Ufer auf derselben Seite entfernt. Und er liegt etwa anderthalb Meter unter dem Wassser. Der „Kapitän“ des Bootes hinterläßt mit seinen 16 oder 17 Jahren und seinem kleinen Bruder an der Seite den Eindruck von erfahrenen Seefahrern. Das Boot war nicht gerade langsam, es dauerte nur etwa 45 Minuten bis wir ankamen.
Es war einfach unglaublich, dass noch immer so viel Wasser von der Flut da ist.
„Das war die zweite Welle, nicht die erste vom Juli.“ sagt Shafig von unserem Partner SPO. Ich sehe, dass noch vielen Menschen geholfen werden muss. Mehr als eine Million lebt in behelfsmäßigen Lagern, sieben Millionen sind obdachlos und brauchen dringend eine Unterkunft. Wir müssen ihnen helfen. Schnell.