Sie haben sich auf der Flucht vom Südsudan nach Uganda kennengelernt. Jetzt leben die Jungen ohne Hab und Gut in einem kleinen ugandischen Dorf und brauchen dringend Hilfe. (Foto: CARE/Nicholas Brooks)

Die stille Katastrophe: Südsudanesische Flüchtlinge in Uganda

Nicholas Brooks, CARE-Wasserexperte, ist kürzlich von einem Einsatz in Uganda zurückgekehrt. Vor Ort traf er Flüchtlinge aus dem Südsudan.

Wie ist die Situation der südsudanesischen Flüchtlinge derzeit?

Im Flüchtlingscamp Rhino sind Flüchtlinge aus dem Südsudan auf zehn Siedlungen verteilt. Obwohl immer noch Flüchtlinge über die Grenze kommen, erreichte die große Mehrheit der Südsudanesen Uganda Ende Dezember 2013 und im Januar diesen Jahres. Zunächst kamen alle Flüchtlinge im Aufnahmezentrum unter, einem völlig überfüllten Camp in Grenznähe, in dem sehr schlechte Bedingungen herrschen. Mittlerweile konnten aber die meisten von ihnen in kleinen Dorfgemeinden untergebracht werden.

Das Flüchtlingscamp Rhino ist eine Art Siedlung, die von der Außenwelt abgeschottet ist – bis zur nächstgelegenen Stadt Arua sind es 65 Kilometer. Die Infrastruktur ist in einem schlechten Zustand. Die meisten Wasser-Handpumpen sind defekt oder verschlossen. Viele der Siedlungen bestehen seit Jahren und beherbergten bereits Südsudanesen, die durch frühere Krisen vertrieben worden waren. Deshalb gibt es in der Nähe einige wenige Kliniken und Schulen. Doch diese werden auch von der lokalen Bevölkerung genutzt und sind schnell überfüllt. Das Schlimmste ist, dass Familien keine Möglichkeit haben ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.

Gibt es ein Erlebnis, dass Ihnen besonders in Erinnerung bleiben wird?

Ich traf vier Jungen, darunter zwei Brüder, die sich auf der Flucht vom Südsudan nach Uganda kennengelernt hatten. In Uganda sind sie in einem Dorf untergebracht. Dort  kümmern sich Gemeindemitglieder um ihr Wohlergehen, so gut es geht. Trotzdem haben sie keinen Schlafplatz. Ich erinnere mich an ihre anfängliche Zurückhaltung und Ernsthaftigkeit bei unserem Gespräch, aber als ich anfing Fotos zu machen und ein wenig zu scherzen entspannten sie sich und genossen die Aufmerksamkeit. Sie zählen zu den am schlimmsten Betroffenen in ihrer Siedlung, aber ihr Schicksal ist kein Einzelfall. Wir benötigen dringend mehr Ressourcen, um den Menschen helfen zu können.

Ich erinnere mich auch an eine Familie, die im Chaos des Aufnahmezentrums auf dem kahlen Boden saß. Sie hatten nichts. Eines der Kinder war schwer krank. Sie waren am Vortag eingetroffen und schienen weder zu wissen, was sie als nächstes tun sollten, noch dass sie hier Hilfe bekommen konnten. Sie wussten beispielsweise nicht, dass sich in nur 500 Metern Entfernung eine Klinik befand, die sich um ihren Jungen kümmern konnte. Wir zeigten der Familie den Weg. Und alle Helfer wurden daran erinnert, wie wichtig es ist sicherzustellen, dass neuangekommene Flüchtlingsfamilien wissen, wie und wo sie Hilfe erhalten können.

Wie funktioniert die Wasser- und Sanitärversorgung?

Viele Hilfsorganisationen bringen kontinuierlich Frischwasser mit Lastwagen in das Camp. Aufgrund mangelnder Gelder müssen sie die Lieferhäufigkeit jedoch reduzieren. Die Menschen bilden lange Warteschlangen an den Wassertanks oder stellen ihre Kanister in einer Reihe ab, um nicht die ganze Zeit auf das Eintreffen der Laster warten zu müssen. In dem Flüchtlingsdorf, das ich besucht habe, gibt es abgesehen von zehn Notfalllatrinen keine sanitären Einrichtungen.

Wie hilft CARE?

Wir bauen Unterkünfte und Latrinen für besonders gefährdete Familien. Aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten kann CARE zu diesem Zeitpunkt nur 55 Familien mit einer Unterkunft ausstatten, die Nöte der Menschen sind jedoch gewaltig. CARE unterstützt Notleidende in vier Siedlungen mit sanitären Einrichtungen wie Notfalllatrinen oder einem funktionierenden Abfallmanagement, Hygienemaßnahmen und der Vorbeugung von geschlechterspezifischer Gewalt. Mit Gesundheitskampagnen, der Mobilisierung der Gemeinden oder Gesundheitsclubs für Kinder wird die hygienische Situation in den betroffenen Flüchtlingsdörfern nachhaltig verbessert. Insgesamt profitieren ungefähr 6000 Frauen, Männer, Mädchen und Jungen von dem Projekt.

Wir haben außerdem eine Erhebung zu sexueller Gewalt in den Siedlungen durchgeführt. Auf Grundlage dessen werden wir vor Ort geschlechtersensible Aktivitäten durchführen, die eine sicherere Umgebung für Frauen und Kinder schaffen.

Welche Herausforderungen gibt es?

Für die Gemeinden vor Ort beginnt jetzt traditionell die Zeit, in der Unterholz und Gräser für landwirtschaftliche Zwecke niedergebrannt werden. Wir müssen Holz und Gräser beschaffen, damit das potentielle Baumaterial für Unterkünfte und Latrinen nicht in Rauch aufgeht. Neben einer schwierigen logistischen Situation ist die Finanzierung unser größtes Problem. Es handelt sich um eine massiv unterfinanzierte Katastrophe, die im Schatten der Notlage der Menschen innerhalb des Südsudans steht. Alle Hilfsorganisationen vor Ort haben mit finanziellen Engpässen zu kämpfen. Momentan fehlt uns beispielsweise das Geld, um Wasser-Handpumpen wieder instand zu setzen. Und das ist ein großes Problem, weil die Pumpen im Hinblick auf die allgemeine Knappheit von Trinkwasser von enormer Bedeutung sind. Hinzu kommt, dass die Ankunft neuer Flüchtlinge mehr als wahrscheinlich ist und einen noch größeren Engpass bedeutet.