Dr. Ghassan Qaraman (41) ist Kinderarzt und Vater von vier Kindern. Er arbeitet für die Palestinian Medical Relief Society (PMRS) in Gaza. PRMS leistet in Partnerschaft mit CARE medizinische Unterstützung durch mobile Gesundheitsteams. Sie stellen mobile Kliniken in Schulen und anderen Orten auf, die als Notunterkünfte für Flüchtlinge dienen. Die Gesundheitsteams behandeln am Tag ungefähr 300 Patienten. Wenn Dr. Qaraman sein Haus und seine Familie morgens verlässt, ist er hin- und hergerissen zwischen Sorge und der Pflicht, zu helfen.
„Normalerweise mache ich mir Sorgen, wie ich zur Arbeit komme. Wird die Straße sicher sein? Ich muss zu den Menschen kommen, sodass ich ihnen helfen kann, aber zur gleichen Zeit mache ich mir Gedanken um meine eigene Sicherheit und der des Teams. Die Situation ist schlimm", erzählt er.
Hilfe jeder Art
Wohin die Teams gehen, wird mir den Vereinten Nationen eine Nacht im Voraus entschieden – obwohl der Ort noch kurz vorher abhängig von der Sicherheitslage geändert werden könnte. „Normalerweise gehen wir in Schulen, die zu Notunterkünften für hunderte oder tausende Menschen geworden sind, die ihr Zuhause verloren haben oder Angst haben, zu Hause zu bleiben. Es wird schnell voll vor der provisorischen Klinik. Menschen sehen uns und sie kommen, weil sie so viel medizinische Hilfe brauchen", sagt Dr. Qaraman.
Jedes Team hat acht Mitglieder: zwei Allgemeinmediziner, ein Gynäkologe, ein Psychologe, drei Pfleger oder Krankenschwestern und ein Psychotherapeut. Sie behandeln Patienten mit vielen verschiedenen Verletzungen und Erkrankungen, die entweder durch den Krieg entstanden sind oder durch ihn schlimmer geworden sind. „Wegen des Wassermangels haben wir immer mehr Kinder mit Hautproblemen. Außerdem steigt die Anzahl der Patienten mit Atemwegsinfektionen aufgrund des Staubes, der von den Bomben aufgewirbelt wird", erklärt Dr. Qaraman. „Wir behandeln auch viele Kinder, die ihre Betten nässen, weil sie traumatisiert sind."
Mangel an Ressourcen
Die Teams arbeiten von elf Uhr am Morgen bis sieben Uhr abends. „Heute habe ich 115 Patienten behandelt, aber wir müssen morgen noch einmal hierher, um jeden zu behandeln, der unsere Hilfe braucht. In manchen Fällen muss ich die Leute zum Krankenhaus schicken, weil wir nicht die nötige Medizin haben oder eine gründlichere Untersuchung notwendig ist. Heute habe ich einen Patienten mit Meningitis ans Krankenhaus überwiesen. Andere Fälle sind Hochrisikoschwangerschaften, unkontrollierbare Diabetes oder Bluthochdruck."
An einem typischen Arbeitstag stehen die Teams vielen Herausforderungen gegenüber. „Viele der Probleme kommen von zu wenigen Ressourcen, vor allem Medikamenten. Andere Probleme haben wir aufgrund der unsicheren Situation und des kontinuierlichen Bombardements", erklärt der Doktor.
Wie fühlt man sich nach einem langen Arbeitstag in der Klinik? „Die Umstände, die Menschen ertragen müssen, machen mich traurig. Ich bin glücklich, dass ich meinem Volk helfen kann, besonders Kindern. Die sind am meisten betroffen."
Traurigerweise gibt es einige Patienten, denen Dr. Qaraman nicht helfen kann, obwohl er will.
„Es ist Teil unserer Arbeit, dass wir so viele Geschichten hören. Ein Beispiel ist die Geschichte der zehnjährigen Nour. Nour ist ein sehr kleines Mädchen. Sie sieht nicht aus wie zehn. Sie hat einen Tumor im Gehirn, im fortgeschrittenen Stadium. Nour ist blind und von der Hüfte an gelähmt. Sie liegt auf einer Matratze in der Ecke eines Klassenraumes und bekommt die medizinische Hilfe, die wir ihr geben können. Es gab einige Versuche, Nour zur Behandlung ins Ausland zu bringen, aber sie ist fast unheilbar krank. Kein Krankenhaus will sich ihrer Situation annehmen."
Laut Dr. Qaraman ist in Gaza niemand optimistisch. „Die Menschen sind deprimiert, besorgt und haben Angst, was noch kommen wird. Sie sehen aus, als hätten sie alle Hoffnung verloren. Sie wissen nicht, was die Zukunft bringt."
Fakten über CARE/PRMS Kliniken: Drei bis vier mobile Kliniken sind während der Hochphase des Konflikts in Gaza unterwegs gewesen, jede hat bis zu 300 Patienten am Tag behandelt. Bis zum 20. August haben die Teams mehr als 6.862 Patienten behandelt, davon mehr als 3.472 Kinder und 159 schwangere Frauen.