Mehr als ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben leben in Haiti noch immer mehr als 810.000 Menschen in den 1.000 Flüchtlingscamps rund um die Hauptstadt Port-au-Prince. CARE leistete von Beginn an Nothilfe und ist immer noch vor Ort, um den betroffenen Menschen mit Hygienemaßnahmen, Trinkwasserversorgung und Wiederaufbau zu helfen. So erreichten im ersten Jahr nach dem Beben Hilfsgüter von CARE rund 300.000 bedürftige Menschen. 900 Übergangshäuser und 1.500 sanitäre Anlagen wurden errichtet.
Doch es bleibt viel zu tun: Noch haben nicht alle Haitianer Zugang zu sauberem Trinkwasser und Nahrungsmitteln und auch an Toiletten und sanitären Anlagen mangelt es weiterhin. Die schlechten Lebensbedingungen in den Camps fördern dabei nicht nur Krankheiten wie die Cholera. Sie sind auch ein Nährboden für sexuelle Gewalt.
Dies bestätigt eine aktuelle Umfrage, die das Center for Human Rights and Global Justice (CHRGJ) der New York University School of Law in vier der Camps durchgeführt hat. Die Zahl der sexuellen Übergriffe in den Notlagern ist demnach gravierend. 14 Prozent der 365 befragten Haushalte geben an, dass seit dem Erdbeben mindestens eines ihrer Mitglieder vergewaltigt, belästigt oder auf andere Weise Opfer sexueller Gewalt wurde. Die Dunkelziffer der zumeist weiblichen Opfer dürfte allerdings deutlich höher liegen, da viele Übergriffe aus Scham oder Angst verschwiegen werden. Rund 60% der Befragten gaben zudem an, Angst vor sexueller Gewalt gegen sich oder Familienangehörige zu haben.
Sicherheit in den Camps mangelhaft
Ein Vergleich mit Umfragen vor und wenige Wochen nach dem Erdbeben deutet darauf hin, dass die sexuelle Gewalt in Haiti seit der Katastrophe deutlich zunahm. Ursache dafür ist unter anderem mangelnde öffentliche Sicherheit: In vielen der Camps brennt nachts kaum Licht und es gibt nicht genügend Sicherheitspersonal. Auch in ihren eigenen vier Wänden können sich Mädchen und Frauen häufig nicht sicher fühlen – denn diese Wände sind oft nicht aus Beton oder Holz, sondern aus Plastik- oder Zeltplanen.
CARE ist sich dieser Probleme bewusst und engagiert sich deshalb aktiv in der Bekämpfung sexueller Gewalt. CARE-Mitarbeiter leisten Aufklärungsarbeit und bauen Latrinen oder Duschgelegenheiten an Orten, die Frauen und Mädchen Sicherheit und Privatsphäre bieten. Auch die von CARE errichteten stabilen Notunterkünfte bieten nicht nur Schutz vor Wind und Wetter, sondern auch vor gewaltsamen Übergriffen. Und oft helfen bereits kleine Maßnahmen wie Trillerpfeifen oder solarbetriebene Taschenlampen den Frauen dabei, sich vor Gewalt zu schützen. Bei allen Bemühungen um die Sicherheit der Bevölkerung bleibt jedoch eines klar: Die beste Eindämmung sexueller Gewalt ist der stabile Wiederaufbau des Landes.
Lesen Sie hier die Zusammenfassung der Studie des Center for Human Rights and Global Justice (CHRGJ) zu sexueller Gewalt an Frauen in Haiti:
>> Sexual Violence in Haitis's IDP Camps: Results of a Houshold Survey