Mohammad, 13, floh von Syrien nach Jordanien. Um seine Familie zu ernähren, verkauft er Snacks auf der Straße. (Foto: CARE/Mary Kate MacIsaac)

Neue CARE-Studie: Mehrheit syrischer Flüchtlinge in Jordaniens Städten lebt unter Armutsgrenze

Kinderarbeit und Verheiratung junger Mädchen nehmen zu / Drittel der syrischen Kinder geht nicht zur Schule

Amman/Luxemburg, 30. Juni 2015. Zwei Drittel der syrischen Flüchtlinge in Jordaniens Städten lebt mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Hilfsorganisation CARE, die auf einer Umfrage von rund 6.500 städtischen Flüchtlingen basiert. „Viereinhalb Jahre nach Beginn der Syrien-Krise dreht sich die Armutsspirale immer schneller und weiter nach unten“, so CARE-Direktor Frédéric Haupert. „Finanzielle Rücklagen sind aufgebraucht, und internationale Hilfsgelder werden immer weiter gekürzt.“

Laut der Studie gab die Hälfte aller befragten Flüchtlinge an, dass sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr weiter verschlechtert hätte. Acht von zehn Familien können nicht ausreichend Geld für die Miete einer Unterkunft aufbringen, während mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sich sorgt, nicht genug Nahrungsmittel kaufen zu können. Vor allem die Kürzung der Lebensmittelgutscheine des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen hat die Flüchtlinge stark getroffen. „Familien berichten uns, dass sie Schulden aufnehmen müssen, um ihre Kinder zu ernähren. Andere essen nur noch einmal am Tag oder verkaufen das wenige Hab und Gut, das ihnen geblieben ist. Vor allem am Ende des Monats müssen viele Familien von dem leben, was Nachbarn ihnen schenken.“ Die Studie ergab zudem, dass Kinderarbeit und Verheiratung von jungen Mädchen durch die Notsituation gestiegen sind. Etwa ein Drittel der schulpflichtigen syrischen Kinder geht nicht zur Schule, viele, weil sich die Eltern den Schulbus, Bücher und Schulmaterialien nicht leisten können oder weil die Kinder, besonders Jungen, arbeiten müssen. „Vor allem alleinerziehende Mütter wissen sich nicht mehr anders auszuhelfen, als ihre Kinder zum Arbeiten auf die Straße zu schicken“, so Haupert. „Es ist ein fast unmöglicher Spagat für sie, sich um ihre Kinder zu kümmern und gleichzeitig das Einkommen der Familien zu bestreiten.“

Mehr als die Hälfte aller befragten Familien gab an, dass die anhaltende Notsituation sowie stark belastende Erinnerungen an Vertreibung und Gewalt zu hohem psychosozialen Stress führten. „Die Flüchtlinge können bei dem anhaltenden Kampf ums Überleben nicht zur Ruhe kommen, sie können ihre unsichtbaren Wunden nicht heilen und sorgen sich weiterhin um Freunde und Familienangehörige, die noch in Syrien sind“, so Zentel. „Die internationale Gemeinschaft muss dringend längerfristige und nachhaltige Lösungen für die vertriebenen Menschen finden und finanzieren, damit sie sich wieder eine Existenz aufbauen können.“

Weitere wichtige Ergebnisse der Studie:

  • Drei von zehn Familien berichteten, dass sie keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Die meisten von ihnen gaben als Grund an, die Kosten nicht tragen zu können. Die Hälfte der Familien mit einem schwangeren Familienmitglied gab zudem an, keinen Zugang zur Geburtsvorsorge zu haben und etwa 60 Prozent der stillenden Mütter sagten, keine Geburtsnachsorge in Anspruch nehmen zu können.
  • Etwa die Hälfte aller syrischen Männer und nur ein geringer Anteil der Frauen arbeiten um ihr Überleben zu bestreiten, zum überwiegenden Teil ohne die erforderliche Arbeitsgenehmigung. Das Einkommen reicht jedoch nicht aus, um die nötigsten Ausgaben zu decken. Während das durchschnittliche monatliche Einkommen im Vergleich zum Vorjahr um umgerechnet etwa 30 Euro auf 270 Euro gestiegen ist, fehlen den Familien durchschnittlich immer noch etwa 70 Euro um ihre monatlichen Lebenshaltungskosten zu decken. Negative Folgen sind etwa der Anstieg von Schulden, Kinderarbeit und Kinderehen sowie Einsparung bei Gesundheit und Ernährung.
  • Der Bericht zeigt, dass immer weniger syrische Flüchtlinge Zugang zu Rechtsschutz und anderen wichtigen Hilfeleistungen haben. Grund dafür ist eine neue Regelung des jordanischen Innenministeriums, nachdem sich Flüchtlinge, die nicht in Flüchtlingscamps leben – derzeit etwa 84 Prozent aller syrischen Flüchtlinge in Jordanien – erneut registrieren müssen. Vielen fehlen die finanziellen Mittel, um etwa Gesundheitszeugnisse oder Mietverträge vorlegen zu können. Ohne offizielle Registrierung können sie von ihren Rechten als Flüchtling jedoch nur sehr begrenzt Gebrauch machen und leben in ständiger Angst, von den Behörden aufgegriffen zu werden.

Die humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge ist drastisch unterfinanziert. Helfen Sie syrischen Flüchtlingen und unterstützen Sie die weltweite CARE-Arbeit mit Ihrer Spende

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