Wie ist die Situation der Menschen im Nordirak?
Im Moment sind 3,3 Millionen Menschen im Irak auf der Flucht vor Kämpfen und Gewalt – mindestens 700.000 davon sind in den Nordirak geflohen. Dazu kommen rund eine Viertel Millionen Menschen, die aus Syrien geflohen sind. Insgesamt benötigen zehn Millionen Menschen im Irak Hilfe und kämpfen jeden Tag um ihr Überleben.
Für uns Europäer und Nordamerikaner ist es unvorstellbar, was die Menschen hier durchmachen. Die ständige Angst vor Angriffen, die tägliche Frage, ob die eigenen Kinder genug zu essen bekommen, das Fehlen von Krankenhäusern und Schulen ist für viele Familien dort die grausame Realität.
Was genau droht in Mossul zu passieren?
Die Stadt Mossul ist seit vielen Monaten belagert, nachdem die Stadt von militanten Gruppen eingenommen worden ist. Hilfsorganisationen wie CARE haben seit Sommer 2014 keinen Zugang zur Stadt und den Menschen dort. Es ist einfach zu gefährlich für uns als Helfer.
Wenn die Angriffe zunehmen und die Kämpfe heftiger werden, erwarten CARE und andere Hilfsorganisationen, dass die gesamte Bevölkerung von Mossul – 1,2 Mio. Menschen – keinen Zugang zu Wasser, Nahrung und Medizin haben werden. Große Teile der Bevölkerung werden unter extremen Risiken alles zurücklassen, um aus der Stadt zu fliehen.
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass der Hilfseinsatz in Mossul 2016 der größte und schwierigste weltweit sein wird.
Wie viele Menschen werden fliehen müssen?
Das ist schwer zu sagen, aber Mossul ist die zweitgrößte Stadt im Irak. Seit Mitte Juni diesen Jahres haben 84.000 Menschen die Stadt verlassen, nachdem irakische Streitkräfte den Osten der Stadt angriffen. Die UN rechnet damit, dass bis zu 660.000 Menschen aus Mossul und der Umgebung zur Flucht gezwungen sein werden. Während sich einige mit Autos oder Bussen auf den Weg machen können, wird der Großteil zu Fuß fliehen müssen. Bis in den Oktober hinein können in der Region Temperaturen von über 30 Grad herrschen, was eine Flucht noch gefährlicher macht. Die Situation wird sich also verschärfen, obwohl wir bereits jetzt im Irak von einer der weltweit schwersten humanitären Krisen sprechen.
Wie ist die Situation für Frauen und Mädchen?
CARE schätzt, dass über 46.000 schwangere und stillende Frauen von weiteren Militäraktionen direkt betroffen wären. Der Fußmarsch von Mossul in die sicheren Regionen des Nordiraks kann Stunden oder Tage dauern. Durch physische Belastung, Stress und Traumata sind die Frauen und ihre Kinder besonders bedürftig. Sie brauchen Nahrungsmittel und medizinische Versorgung.
Durch die bisherigen Kämpfe um Mossul ist die Bevölkerung mittlerweile schutzlos und die Menschen in den belagerten Gebieten kämpfen täglich um ihr Überleben. Sie haben in den letzten Jahren Schreckliches durchlebt. Viele leiden unter Depressionen oder sind traumatisiert. Sie brauchen dringend psychologische Unterstützung.
Wie hilft CARE?
Meine Kollegen und ich arbeiten rund um die Uhr zusammen mit Regierungsbehörden, UN-Vertretern und anderen Hilfsorganisationen im Nordirak, um die Hilfe vorzubereiten. Im Moment lagert CARE Wasser- und Nahrungsvorräte, um diese dann schnell verteilen zu können. Außerdem unterstützen wir Krankenhäuser im Nordirak mit Geräten und Medikamenten, damit diese Schwangere besser behandeln können.
CARE unterstützt bei der Errichtung von Obdach, der Versorgung mit Hygiene- und Gesundheitsartikeln und beim Abfallmanagement in Camps. Besonders unterstützen wir Frauen und andere besonders Schutzbedürftige, zum Beispiel Behinderte, Verletzte, ältere Menschen und unbegleitete Minderjährige.
Was uns jedoch große Sorge macht, ist, dass die Hilfe für den Irak bisher kaum finanziert ist. Bisher hat CARE mit 8,3 Millionen Euro nur 31 Prozent der benötigten Gelder erhalten. Insgesamt sind 27 Millionen Euro notwendig, damit allen Notsuchenden geholfen werden kann. Ich bitte jeden – Privatleute sowie Organisationen und Institutionen – uns zu unterstützen. Unsere Vorbereitungen vor Ort für eine schnelle Reaktion auf die Situation werden Leben retten und das Leid derjenigen lindern, die schon seit Jahren unter der Gewalt leiden.
Weitere Informationen zu unserer Arbeit im Nordirak finden Sie hier.