Rund 140 engagierte Serben und Kroaten helfen im Moment den Hilfsorganisationen bei der Flüchtlingsarbeit an den Grenzen ihrer Länder. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche arbeiten sie in Schichten, um die ankommenden Flüchtlingen mit Wasser, Essen, warmer Kleidung und Decken zu versorgen. Sie beantworten die vielen Fragen der Ankommenden und schenken den tausenden Erschöpften und Verängstigten ein Lächeln und ein paar beruhigende Worte nach Wochen und Monaten der Flucht.
In Serbien arbeitet CARE mit der Partnerorganisation Novi Sad Humanitarian Centre zusammen. 18 freiwillige Helfer arbeiten hier an der serbisch-kroatischen Grenze in Berkasovo. Der 27-Jährige Stefan Mitrovic Jokanovic ist einer von ihnen. Stefan ist hauptberuflich Psychologe und arbeitet nun bereits seit zwei Wochen an der Grenze. Meist ist er jeden Tag bis spät in die Nacht im Einsatz.
„Seit einiger Zeit arbeite ich schon ehrenamtlich als Psychotherapeut beim Novi Sad Humanitarian Centre. Für mich ist diese Arbeit eine Möglichkeit, unsere Gesellschaft und mein Land vielleicht ein klein wenig zu verbessern. Ich weiß, dass ich die Welt nicht ändern werde, aber ich kann helfen, wo ich kann.
Den Flüchtlingen aktiv zu helfen, ist eine wirklich prägende Erfahrung. Neben meinem beruflichen Interesse an der Arbeit wollte ich die Realität kennen lernen. Das Geschehene im Fernsehen zu sehen ist etwas komplett anderes, als wirklich dabei zu sein. Vor dem Fernseher bist du emotional distanziert, aber wenn du vor den Menschen stehst, mit ihnen sprichst und ihnen die Hände schüttelst, wenn sie sich bei dir für deine Hilfe bedanken, dann ist das nicht mehr dasselbe.
Die meiste Zeit geben wir den Leuten Essen, warme Getränke und zeigen ihnen die Ladestationen mit Wi-Fi Zugang für ihre Telefone. Zudem versuchen wir, die vielen weiteren Fragen zu beantworten. Viele von ihnen wissen gar nicht wo sie überhaupt sind oder wie lange sie noch zur Grenze brauchen. Oder wo sie weitere Hilfe bekommen können. Manchmal fragen sie sogar um Rat, in welches Land sie am besten fliehen sollten.
Jeder Tag ist hier anders. Wir können nicht planen, welche Bedürfnisse die Menschen morgen oder übermorgen haben werden. Selbst unsere Mittel, um ihnen zu helfen, variieren leider von Tag zu Tag. Hier kommen und gehen die Flüchtlinge sehr schnell wieder. Sie sind besorgt und verängstigt und wollen meist schnell weiter. Ich versuche immer mal wieder, ein paar Minuten in Ruhe mit ihnen zu reden, ihnen zuzuhören und sie vielleicht emotional etwas zu stärken.
Viele, die hier ankommen, sind Männer. Sie wollen unbedingt stark bleiben und öffnen sich zunächst ungern. Tatsächlich müssen sie auch sehr stark sein, denn oft sind sie für ihre Familie die einzige Hoffnung. Sie müssen einfach nur durchhalten und sprechen nicht über ihre Gefühle. Nur über den Hunger und die Kälte. Doch ganz selten erhalte ich einen kurzen Einblick in ihre traumatischen Erfahrungen. Dann kommen auch die Tränen Viele von ihnen haben Kinder oder andere Familienmitglieder auf der Reise oder bereits in ihrer Heimat verloren.
Der Großteil der Menschen hier zeigt sich unglaublich dankbar. Manche finden dafür erst Kraft, wenn sie etwas gegessen und geschlafen haben. Doch gerade als Psychologe ist es für mich sehr interessant festzustellen, dass sie immer höflich bleiben, egal was passiert. Wenn du sie bittest, sich in einer Reihe aufzustellen, dann respektieren sie das. Sie sind so zäh, belastbar und strahlen sehr viel Würde aus. Und haben trotz allem noch Sinn für Humor. Manchmal sitzen wir hier und lachen gemeinsam, obwohl wir die Sprache des anderen nicht verstehen.“