Das globale Klimaphänomen El Niño könnte zu einem der stärksten der letzten Jahrzehnte werden. In Somalia, am Horn von Afrika, zeigt sich, wie gegensätzlich die Auswirkungen von El Nino sein können – Dürre und Überschwemmungen existieren hier nebeneinander: Im Süden Somalias und in Puntland sind mehr als 600.000 Menschen von starken Überschwemmungen bedroht. Besonders trifft es die ländlichen Gebiete. In Somaliland, im Norden, herrscht wiederum Dürre: Am 10. August haben die Behörden in Somaliland bekannt gegeben, dass in mindestens drei Regionen Dürre herrscht und zu humanitärer Hilfe aufgerufen. El Niño könnte diese Dürre, die knapp 130.000 Menschen betrifft, besonders in den küstennahen Gebieten Somalilands, sogar noch verschärfen.
In einem Land, in dem mehr als 1,1 Millionen Binnenvertriebene leben und weitere 2,3 Millionen Menschen unter Nahrungsunsicherheit leiden, verstärkt El Niño das Leid: Vertreibung, Krankheit und Hunger sind die Folge.
„Als ich jünger war, hatten die Dürren und Fluten noch Namen“, sagt Qadan. Sie ist 28 Jahre alt und alleinerziehende Mutter. „Jetzt sind sie so häufig geworden, dass wir uns diese Mühe gar nicht mehr machen.“ Qadan lebt in einem Camp für Binnenvertriebene in Burao, im Norden Somalilands. Bevor sie 2002 dorthin geflohen ist, lebte sie in einem Camp in Äthiopien.
Vor ein paar Wochen hat ein starker Sturm ihr Haus zum Einsturz gebracht. „Wir haben jetzt ein kleines Zelt aufgebaut“, erzählt sie. „Ich habe ständig Angst, dass meinen zwei Kindern etwas zustoßen könnte.“ Viele Menschen hier teilen ihr Schicksal; sie haben ihre Häuser und Arbeit wegen des Wetters verloren. „Wir haben schon viele Dürren und Stürme erlebt, aber wir konnten uns stets vorbereiten und hinterher alles wiederaufbauen. Jetzt ist es so, dass wir unsere Häuser wieder errichten, nur um sie kurz danach wieder einstürzen zu sehen.“
Qadan ist geschieden und auf das wenige Geld angewiesen, das sie von ihrer Mutter bekommt. Ihre sechs Jahre alte Tochter Ubahe besucht eine von CARE unterstützte Schule im Camp.
Luli, 52 Jahre alt, lebte in Mogadischu, als 1991 der Krieg ausbrach. Die Flucht in ihr Heimatdorf in Burao versprach Sicherheit, doch bei ihrer Ankunft musste sie feststellen, dass all ihre Verwandten gestorben waren. Als kurz darauf auch ihr Mann verstarb, eröffnete Luli einen kleinen Laden, um für ihre fünf Kinder sorgen zu können. „Wir haben in den letzten Jahren in relativ guten Verhältnissen gelebt. Doch jetzt, während der Dürre, kommen die Nomaden nicht mehr, die immer meine Kunden waren.“ Alles, was Luli jetzt noch verkaufen kann, sind ein paar Lebensmittel. „Eigentlich kaufen die Nomaden mir Mehl, Zucker oder Reis ab. Ich kaufe dann von ihnen Fleisch.“
Zumindest müssen sich die Dorfbewohner keine Sorgen mehr um Wasser machen. CARE hat mit der Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Wasserpumpe installiert und Tanks an mehrere Bewohner verteilt – darunter auch Luli. „Wir haben jetzt immer sauberes Wasser und müssen uns keine Gedanken mehr über die Gesundheit unserer Kinder machen. Ich bin sehr froh, dass einer der Tanks vor meinem Kiosk steht. Es ist ein tolles Gefühl, verantwortlich dafür zu sein und das Wasser mit allen teilen zu können.“
Die 35-jährige Awo musste ihre Heimat aufgrund der Dürre in Somaliland verlassen. Nur 50 ihrer ehemals 200 Schafe und Ziegen leben heute noch. „Als ich mein Zuhause verlassen habe, waren auch die noch Übriggebliebenen sehr schwach. Ich versuche, einen besseren Platz für sie zu finden. Einen, wo sie Wasser und Land zum Grasen haben. Aber ich befürchte, dass sie nicht so lange überleben werden.“ Awo musste vier ihrer sechs Kinder zuhause zurücklassen, zu anstrengend die Strapazen der Reise. Sie ist auf dem Weg zu einem kleinen Dorf namens Boon. Die Nachfrage nach Wasser ist dort bereits um 35 Prozent gestiegen und die Menschen haben Angst, dass auch ihr Wasser bald austrocknen wird. Die Regenzeit ist dieses Jahr vollständig ausgeblieben und alle Bewältigungsstrategien sind jetzt ausgeschöpft. Die Menschen brauchen dringend Hilfe, um zu verhindern, dass diese Dürre keine verheerende Katastrophe wird.