Südsudan: Die vergessenen Mädchen

Frauen und Mädchen im Südsudan leiden unter Hunger und sexualisierter Gewalt. Zum Weltmädchentag verleiht CARE ihnen eine Stimme.

 

Die Meldungen in den Medien sind heutzutage von drei internationalen Krisen dominiert: der Ebola-Epidemie in West-Afrika, dem anhaltenden Konflikt im Gaza-Streifen und der Gewalt im Irak und Syrien. Aber es gibt noch eine andere große Krise, die aus den Schlagzeilen verschwunden zu sein scheint: Im jüngsten Land der Welt, dem Südsudan, sind abertausende Familien durch Krieg, Hungersnot und Krankheiten umgekommen, und mehr als 1,8 Millionen Menschen mussten aus ihren Häusern und Dörfern fliehen.

Besonders für Mädchen ist die Situation im Südsudan erschreckend. Laut des letzten CARE-Berichtes The Girl Has No Rights: Gender-based violence in South Sudan, bieten immer mehr Frauen und Mädchen sexuelle Handlungen im Tausch gegen Essen oder Wasser an und Vergewaltigungen und sexuelle Belästigung sind zu einer Kriegswaffe geworden. Schon vor der Krise war der Südsudan für Frauen einer der schlimmsten Orte der Welt. 45 Prozent der südsudanischen Mädchen heiraten vor ihrem 18. Lebensjahr, sieben Prozent bevor sie 15 Jahre alt sind. 

Zum Weltmädchentag, am 11. Oktober, haben wir Arek und Angelina getroffen. Zwei Mädchen, die in den letzten neun Monaten mehr erlebt haben, als irgendjemand je erleben sollte: 


Die 18-jährige Arek, ihre Tochter Akuch und  ihre Schwester Nyan Deng, überlebten einen Angriff von Soldaten auf ihre Gemeine in Panang, im südsudanesischen Bundesstaat Unity. Ihr Onkel wurde dabei umgebracht. Die jungen Mädchen verloren ihr Haus, ihre Besitztümer wurden verbrannt und ihr Vieh abgeschlachtet.

Zusammen mit ihrer blinden Tante Mary liefen Arek, ihre Schwester Nyan Deng und ihre Tochter Akuch zwei Tage lang von Panang nach Yida, wo sie jetzt auf dem Fußboden eines Fremden schlafen, der sie aufgenommen hat. 

Arek sagt, dass sie sehr wenig zu essen haben und, dass ihre Tochter Akuch jetzt immerzu hungrig ist. Sie leben von essbaren Pflanzen, die sie in Büschen finden, und von Almosen. CARE hat Arek und Mary Saatgut gegeben, um ihnen dabei zu helfen Gemüse wie Tomaten, Auberginen und Kohl in der Nähe ihrer neuen Heimat zu pflanzen. 

Für Arek hat sich das Leben in nur wenigen Monaten komplett verändert. Ihre größte Hoffnung ist es jetzt einen neuen Platz im Leben zu finden. “Vor dem Krieg haben wir uns keine Sorgen gemacht. Wir hatten unser Hab und Gut, haben Getreide angebaut und hatten genug zu essen. Wir konnten unsere Ernte vermarkten und Kleidung kaufen“, erzählt die 18-Jährige. “Jetzt kann ich nirgendwohin gehen, ich möchte einfach nur einen Raum zum Leben haben. Ich kann nicht mehr zur Schule gehen, aber ich hoffe, dass es meine Tochter es kann, wenn sie einmal alt genug ist.“

„Alles braucht Wasser“

Auch Angelina, 23, erlitt einen grauenvollen Verlust, als die Kämpfe in ihrer Heimatstadt Malakal, im südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile, am 24. Dezember letzten Jahres ausbrachen. Angelinas Schwester und deren fünf Söhne sind ertrunken, nachdem sie bei einem Fluchtversuch in den Nil sprangen. „Unser Leben hat sich vollkommen verändert“, sagt Angelina. „All unsere Häuser wurden verbrannt, die Menschen waren so verzweifelt.“

Angelina berichtet, dass sie niemals aufhört an ihre Schwester und ihren Neffen zu denken. Obwohl sie einen großen Verlust erlitt, versucht sie optimistisch zu bleiben: „Wir müssen damit umgehen. Das ist jetzt unser Leben.“

CARE unterstützt Angelina dabei, sich für sauberes Wasser und Hygiene zu engagieren, um andere Familien in der Gemeinde von Malakal zu unterstützen. Jeden Tag läuft Angelina mit Eimern in den Händen zum Ufer des Nils, um Wasser zu holen und es mit Hilfe von CAREs Wasser-Reinigungs-Paketen aufzubereiten. Anschließend teilt sie das saubere Wasser mit der Gemeinde. 

Angelina sagt, dass sie diese Rolle angenommen hat, weil sie am eigenen Leib erfahren musste, wie gefährlich es ist, unreines Wasser in Notlangen zu trinken. “Vor der Krise sind Händler mit Eseln durch die Stadt gekommen, die Wasser für die Menschen trugen“, erklärt Angelina. „Aber als die Krise begann, haben alle Unternehmen dicht gemacht und die Menschen sind sehr krank geworden. Sie hatten Durchfall und Cholera.“

Für Angelina ist Wasser das grundlegendste Bedürfnis und sie ist stolz darauf, dabei zu helfen Krankheiten in Malakal einzudämmen. “Alles braucht Wasser. Es ist das Wichtigste im Leben”, sagt Angelina. “Ich mache das hier, um ein Beispiel für andere Gemeinden zu sein.”