Im Laufe der letzten Monate infizierte das tödliche Ebola-Virus tausende Menschen in Sierra Leone und Liberia. Dadurch kam das normale Leben in den westafrikanischen Ländern weitestgehend zum Stillstand: Gemeinden wurden unter Quarantäne gestellt, Grenzen wurden dicht gemacht, Märkte geschlossen und die Menschen gezwungen in ihren Häusern zu bleiben. Ebola nahm vielen Menschen das Leben und den meisten, die überlebten, die Lebensgrundlage.
In vielen Regionen wäre die Verzweiflung der Menschen wohl noch größer gewesen, würde es nicht zahlreiche Kleinspargruppen in Sierra Leone und Liberia geben. Sie dienen den Menschen als soziales Sicherheitsnetz und sind für viele eine zentrale Anlaufstelle für Informationen. So auch für die Familie von Nyonblee Malayea’s.
Nyonblees Ehemann verlor während der Ebola-Krise seine Arbeit auf einer Palmölplantage. Plötzlich war Nyonblee für die Versorgung ihrer Familie allein verantwortlich. Als Mitglied der Kleinspargruppe in Margibi County bat sie um ein Darlehen von knapp 100 Euro, um ihre Familie in dieser Krisenzeit weiterhin ernähren zu können. Dank der Schulung von CARE und der Unterstützung der Kleinspargruppen-Mitglieder, gelang es ihr, das Geld trotz der Krise zu vermehren. Mit dem Darlehen kaufte sie Saatgut, Werkzeug und zwei Hühner und begann damit, ein kleines Feld anzubauen. Ihre Familie überlebte. Sie ernährten sich von Maniok-Blättern, Erdnüssen und Eiern und konnten zusätzlich durch den Verkauf von Eiern etwas Geld verdienen.
Das Leben in Nyonblees Dorf beginnt sich langsam wieder zu normalisieren. Die Märkte sind inzwischen wieder geöffnet. Doch die Palmölplantage ist weiterhin geschlossen und Nyonblees Ehemann immer noch arbeitslos. Ihre kleine Farm ist mittlerweile gewachsen und sie kann ihre Familie mit ausreichend Nahrung versorgen. Mit dem Geld, das sie durch den Verkauf ihrer Produkte einnimmt, hat sie schon fast genügend Geld zusammen, um ihr Darlehen mit Zinsen zurückzuzahlen.
Die jahrlange Zusammenarbeit mit den Menschen in Sierra Leone und Liberia ermöglichte es CARE mitzuhelfen, die Ausbreitung von Ebola zu stoppen. Am Anfang des Ausbruchs gab es viele Gerüchte und Verschwörungstheorien über Ebola. Durch die Zusammenarbeit mit den Gemeindemitgliedern, darunter auch viele Kleinspargruppen-Mitglieder, konnte CARE bereits mehr als 200.000 Menschen über die Gefahren von Ebola aufklären. Als besonders wertvoll zeigten sich insbesondere die Kleinspargruppen, die zum einen wichtige Präventionsarbeit leisteten und zum anderen den Gemeinschaften mit der Vergabe von Darlehen auch ökonomische Sicherheit geben konnten.
Hilfe zur Selbsthilfe in Krisenzeiten, wie dem Ebola-Ausbruch, ist ein fester Bestandteil der Arbeitsweise von CARE. Die Kleinspargruppen ermöglichen es Menschen wie Nyonblee, ein stabiles Einkommen aufzubauen. So sind sie weniger verwundbar gegenüber Naturkatastrophen und Gesundheitskrisen.
Jede Kleinspargruppe besteht aus 15-30 Mitgliedern und trifft sich wöchentlich. CARE hilft bei der Gründung der einzelnen Gruppen und bietet ein Jahr lang Schulungen zu wirtschaftlichem Umgang mit Geld an. Die Gruppen sind dabei von Anfang an unabhängig. Die Darlehen aus den gesammelten Ersparnissen werden mit Zinsen zurückgezahlt und unter den Mitgliedern aufgeteilt.
Das Einkommen vieler Menschen in den ländlichen Regionen von Sierra Leone und Liberia reicht häufig nicht aus, um bei Banken ein Darlehen zu erhalten. Die Gründung von Kleinspargruppen ermöglicht ihnen ihr eigenes Konto zu haben und in Krisenzeiten über eine Sicherheit zu verfügen. Viele Menschen haben während der Krise ihr komplettes Einkommen verloren und hatten, wenn sie nicht Mitglied in einer Kleinspargruppe waren, kaum Möglichkeiten an Geld zu kommen.
Seit CARE im Jahr 2008 das Kleinspargruppen-Programm in Liberia gestartet hat, haben sich 205 Gruppen mit insgesamt 6.000 Mitgliedern gebildet. Zusammen haben sie knapp 240.000 Euro gesammelt. Ihre Zahl stieg trotz der Ebola-Krise kontinuierlich weiter an. Auch im stark von Ebola betroffenen Margibi County stieg die Anzahl von Kleingruppen von 50 in 2013 auf 86 Gruppen bis Ende Februar an.
Ähnliche Entwicklungen zeigen sich auch in Sierra Leone, wo die Kleinspargruppen beginnen mit lokalen Banken zusammenzuarbeiten. Dies ermöglicht ihnen auch weitere finanzielle Dienstleistungen zu nutzen. Seit 2004 sind die Kleinspargruppen in Sierra Leone auf 2.200 Gruppen mit 62.000 Mitgliedern angewachsen. In den letzten zwei Jahren haben sich 900 neue Gruppen gebildet, die insgesamt knapp 790.000 Euro zusammengespart haben. Rund 190.000 Euro davon wurden in Darlehen ausgezahlt.